Gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 b) VgV darf das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gewählt werden, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Die engen Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes sind hier erfüllt. Die Ergänzungsvereinbarung hat zum Ziel, die im Rahmen des Hauptprojekts aufgebaute Infrastruktur dahingehend auszubauen, dass neben dem Basismodul des Kerndatensatzes der Medizininformatik Initiative nun auch Erweiterungsmodule angebunden werden können. Diese Erweiterungsmodule sind maßgeblich, um eine schwerpunktge-rechte Forschung, beispielsweise im Bereich der Onkologie durchführen zu können.
a) Die Erweiterung des HIP CDR beinhaltet Anpassungen der Kernfunktionalitäten des HIP CDR, aber auch projektspezifische Anpassungen wie beispielsweise die im Rahmen des Projekts erstellte Consent-Erfassung.
Für die Erbringung dieser Leistung kommt nur der aktuelle Auftragnehmer (AN) in Betracht. Auch wenn das eingesetzte HIP CDR im Kern auf einer Open Source Lösung basiert, verwendet der Auftraggeber eine angepasste Variante, die der aktuelle AN erstellt hat. Diese bringt eine eigene Benutzeroberfläche mit sich, welche im Rahmen des Projekts an die Bedürfnisse des Auftraggebers (AG) angepasst und um weitere Schlüsselfunktionen erweitert wurde. Dazu gehört zum Beispiel die Erfassung des Broad Consent. Auch wurde das HIP CDR grundsätzlich an den durch den AG benötigten Kerndatensatz der Medizininformatik Initiative angepasst. Die Anpassung dieser Software durch einen anderen AN ist zwar theoretisch denkbar. Sie würde aber zunächst eine umfassende Einarbeitung erfordern, wobei der Auftraggeber und ggfs. auch die Trägerkliniken unterstützen müssten. Das führt zu Zeitverlust und bindet Kapazitäten bei allen Beteiligten. Darüber hinaus besteht auch bei guter Dokumentationslage das Risiko, dass Details undokumentiert sind, deren Bedeutung erst nach dem AN-Wechsel erkannt wird. Im günstigsten Fall müsste dann beim alten Auftragnehmer nachgefragt werden, der jedoch nicht mehr zur Mitarbeit verpflichtet ist. Im ungünstigsten Fall treten die Schwierigkeiten erst dadurch zutage, dass es Fehler oder Probleme im Betrieb der geänderten Software gibt. Der AG hält diese Nachteile und Projektrisiken für derart schwerwiegend, dass er sich für den sichersten Weg entscheidet. Dieser liegt in der weiteren Beauftragung des aktuellen AN.
b) Die eingesetzten Schnittstellen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen, zum einen der ausgehende Teil, bei dem die Daten des Quellsystems im richtigen Format ausgeleitet werden und zum anderen der eingehende Teil, bei dem die Daten angenommen und korrekt zugeordnet und ver-arbeitet werden können. Der annehmende Teil der Schnittstellen ist hierbei zielsystemspezifisch und kann daher nur gemeinsam mit dem HIP CDR des aktuellen AN eingesetzt werden.
Beide Komponenten müssen hierbei angepasst werden.
c) Die Kommunikation der lokalen Systeme an den acht Trägerkliniken erfolgt über den sogenannten RUB Connector als Middleware. Dieser basiert auf der Open Source Lösung Data Sharing Framework. Da das Data Sharing Framework ursprünglich im Rahmen der MII entwickelt wurde, um die Daten an das Forschungsdatenportal für Gesundheit auszuleiten, musste diese stark an die Bedürf-nisse des Auftraggebers angepasst werden, um der Aufgabe als Middleware zwischen dem Lokalen Datenmanagement (LDM) und dem zentralen Datenmanagement (ZDM) gerecht zu werden.
d) Für die Nutzung und Ausleitung der Daten am zentralen Datenmanagement wurde seitens des aktuellen Auftragnehmers das Tool RUB FDPG entwickelt. Dieses basiert im Kern auf dem FDPG der MII, wurde allerdings grundlegend angepasst, um zum einen die speziellen Prozesse des Me-DIZ.RUB abbilden und zum anderen die Daten im Rahmen lokaler Forschung ausleiten zu können.
e) Im Rahmen des bestehenden Auftrags wurde auch der Aufbau der Treuhandstelle vorgenommen. Hierbei kommen die Lösungen der Universitätsmedizin Greifswald zum Einsatz. Diese können durch die Kooperationspartner der UMG, wozu auch die RUB gehört, frei genutzt werden. Die drei Soft-warelösungen gICS, gPAS und E-PIX sind hierbei Open Source. Zur Orchestrierung dieser drei Lö-sungen und zur Automatisierung der Prozesse wird die Lösung "Dispatcher" eingesetzt. Anders als die anderen drei Tools handelt es sich hierbei nicht um ein "fertiges" Produkt und auch nicht um eine Open Source Lösung. Vielmehr bietet der Dispatcher einige Befehle die genutzt werden können, um eigene Workflows zu erstellen und somit die Orchestrierung der anderen Tools zu ermöglichen. Da nicht ausgeschlossen ist, dass im Rahmen der Projektweiterführung Anpassungen an der Treuhand-stelle vorgenommen werden müssen, muss dies mit bedacht werden.
Bei einem AN-Wechsel bestehen in den Buchstaben b-e die gleichen Schwierigkeiten wie bereits oben in a beschrieben.
f) Die Gründe für die Beschränkung des Beschaffungsbedarfs auf den aktuellen Auftragnehmer sind oben genannt. Sie ergeben sich durchweg aus dem Auftragsgegenstand selbst. Darüber hinaus sind sie sachlich nachvollziehbar.
Die dargestellten Gründe bestehen tatsächlich. Sie sind im Zweifelsfall nachweisbar.
g) Die Auftragserweiterung erfolgt nicht in der Absicht, andere Marktteilnehmer gezielt zu benachteiligen.
h) Gemäß § 14 Abs. 6 VgV ist der Weg in das Verhandlungsverfahren in den Fällen des fehlenden Wettbewerbs nur eröffnet, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabepa-rameter ist". Auch das ist hier gegeben.
Eine künstliche Einschränkung liegt nicht vor. Die obenstehenden Nachteile ergeben sich aus der Sache selbst. Sie sind nicht das Ergebnis zusätzlicher, willentlicher Erwägungen des AG.
Auch eine Ersatzlösung ist nicht erkennbar. Wie bereits dargelegt ist die Beauftragung eines anderen Unternehmens zwingend mit den oben beschriebenen Risiken und weiteren Nachteilen verbunden.